Zeitenwende in der Migrations- und Integrationspolitik?

Von Elisabeth Mach-Hour, Vorstandsvorsitzende der Regionalgruppe München des „Verbandes Binationale Familien und Partnerschaften“ und Beiratsvorsitzende von Kolibri -Interkulturelle Stiftung.

Seit die Ampelregierung einen Neuanfang angekündigt hat, hoffen wir Frauen und Männer vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften, dass die versprochenen Verbesserungen im Staatsangehörigkeits-, Bleibe- und Asylrecht auch Erleichterungen für unseren Personenkreis bringen.

Vor genau 50 Jahren traten wir als Selbsthilfegruppe an die Öffentlichkeit, weil wir von den Behörden nicht mehr als deutsche Staatsangehörige behandelt wurden, wenn wir einen ausländischen Partner aus einem sogenannten Drittland hatten.

„Sie werden ja bald mit Ihrem Mann in dessen Heimat auswandern müssen.“ wurde den deutschen Ehefrauen mitgeteilt. Die „Folgepflicht der Frau“ wurde später abgeschafft, nicht zuletzt durch die unermüdliche Lobbyarbeit unseres Verbandes, der sich im Laufe der Jahrzehnte auch in München als anerkannte, öffentlich geförderte Ehe- und Familienberatungsstellen etablierte.

Vieles hat sich seit damals verbessert, einige Probleme blieben oder traten neu auf, weil eine grundsätzliche Gleichstellung mit deutschen Paaren und eine selbstverständliche Gewährung aller Grundrechte nicht in das Weltbild christlicher Politiker und die Praxis deutscher Behörden passte.

Ungezählte Beziehungen hielten dem Druck des Ausländerrechts nicht stand. Es wurden immer wieder Scheinehen unterstellt, die die Betroffenen widerlegen mussten, – ein klarer Fall von unzulässiger Umkehr der Beweislast. Kinder verloren ihre Väter, weil die als Staatsangehörige eines Drittlandes keine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erhielten, wenn die Ehe gescheitert war. Jeder Härtefall muss bis heute einzeln bei Standesämtern, Ausländerbehörden, deutschen Botschaften und Konsulaten durchgefochten werden und wird, trotz Fürsprache von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden, häufig abgelehnt.

Besondere Ungerechtigkeit

Klagen beim Verwaltungsgericht laufen ins Leere, weil vorher die Ausreise des Familienangehörigen erzwungen wird. Die besondere Ungerechtigkeit wird offenbar, wenn man bedenkt, dass diese Schwierigkeiten bei Beziehungen zu Angehörigen der Europäischen Union nicht auftreten, weil dann Europäisches Recht Anwendung findet. Warum deutsche Staatsangehörige nicht wie Angehörige der europäischen Union behandelt werden, unterliegt der Logik des noch geltenden Ausländerrechts, das von Abwehr und Misstrauen geprägt ist. Man muss das als strukturellen Rassismus bezeichnen, denn für Angehörige aus den USA, Israel und Japan gibt es günstigere Regelungen.

Bis heute werden Eheschließungen erschwert, weil Ehefähigkeitszeugnisse und vor der Einreise deutsche Sprachkenntnisse verlangt werden. Statt eidesstattliche Versicherungen über den Personenstand zu akzeptieren, werden Urkunden gefordert, die aufgrund von Krieg oder mangelhafter Bürokratie im Herkunftsland nicht beigebracht werden können. Verlobte werden deshalb gezwungen, im Ausland zu heiraten, weil ihnen erst nach einer Eheschließung das Zusammenleben möglich ist.

Die Einreise werdender Väter wird erst nach der Geburt des Kindes erlaubt. Ich bin nicht sicher, dass diese unzumutbaren Zustände zukünftig abgeschafft werden, weil die Binationalen trotz ihrer großen Zahl im Koalitionsvertrag nicht vorkommen. Wir werden unsere Rechte aus den geplanten Verbesserungen für alle Migranten ableiten müssen. Kein großer Unterschied zu den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, finde ich, solange die so genannte „Inländerdiskriminierung“ fortbesteht.

Dank der Förderung unserer Projekte durch die Stiftung Kolibri können einige Härten, die durch das geltende Recht verursacht werden, insbesondere für die betroffenen Kinder, abgemildert werden. Viel lieber würden wir alle Kräfte für die Förderung von interkultureller Erziehung, Mehrsprachigkeit und interkulturellem Lernen einsetzen.

Informieren Sie sich über die Arbeit des „Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften