Lesung und Gespräch mit dem Autor
Wer am 1. Oktober 2021 abends im Kulturhaus Milbertshofen war, konnte eine besonders spannende Lesung erleben. Der mehrfach ausgezeichnete Autor Steffen Kopetzky stellte seinen neuen Roman „Monschau“ vor. Monschau, Ort des Geschehens, ist ein romantisches Städtchen in der nördlichen Eifel, nicht weit von der belgischen Grenze entfernt.
In der Region gab es in den letzten Monaten des 2. Weltkriegs heftige Kämpfe zwischen deutschen und amerikanischen Truppen. Damals begleitete der deutsche Arzt Günther Stüttgen die deutschen Soldaten als Lazarettarzt. In Gefechtspausen, die von ihm durchgesetzt wurden, behandelte er nicht nur die deutschen Verwundeten, sondern auch viele amerikanische Soldaten. 1962 kehrte der inzwischen erfolgreiche Dermatologe in Begleitung eines Assistenzarztes in die Gegend zurück, um eine in Monschau ausgebrochene Pockenepidemie zu bekämpfen.
Ein Denkmal gesetzt
Dem mutigen Arzt, der 2003 verstorben ist, hat Steffen Kopetzky in zwei seiner Werke ein Denkmal gesetzt. In dem 2019 erschienenen Roman „Propaganda“ geht es um seine Rolle im 2. Weltkrieg. In „Monschau“ erleben wir Günther Stüttgen und seinen Assistenzarzt Nikos Spyridakis als rettende Ritter gegen eine Pockenepidemie, die von einem Mitarbeiter der Ritherwerke, einem örtlichen Industrieunternehmen, aus Indien eingeschleppt worden war. Der unermüdliche Einsatz der beiden Ärzte, ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche, das Spannungsfeld von wirtschaftlichen und politischen Interessen und die Ängste der Bevölkerung stehen im Zentrum des Romans.
Voll Mitleid verfolgt man die Leiden der Infizierten, vor allem der kleinen Bärbel. Das Mädchen ist besonders betroffen und hat einen fürchterlich juckenden Ausschlag, der sie zusätzlich sehr entstellt. Das teilweise sehr düster anmutende Szenario wird durch einen zweiten Erzählstrang aufgelockert: Zwischen dem griechischen Assistenzarzt Spyridakis und Vera, der Erbin der Ritherwerke, entwickelt sich eine romantische Liebesgeschichte. Während Vera und Spyridakis sich vorsichtig näherkommen, gerät Stüttgen ins Visier alter NS-Gegner aus dem 2. Weltkrieg.
Spannend erzählt, historisch informativ
Der Leser stößt im Lauf der spannend erzählten und geschickt verwobenen Geschichte auch auf viele wissenswerte Informationen. Der historisch Interessierte erfährt nicht nur von der Verstrickung der Region in den 2. Weltkrieg, sondern lernt auch Monschau als ehemaliges Zentrum der Tuchindustrie kennen. Stoffe aus der Region wurden aus ganz Europa und sogar vom Zarenhof bestellt. Auch Spyridakis hat Kriegserinnerungen. Er erlebte als Kind die Besetzung Kretas durch deutsche Truppen. Für Griechenlandfreunde hat er aber auch viele schöne Erinnerungen bereit: Verse von Seferis und die kretische Ritter- und Liebesgeschichte zwischen Erotokritos und Aretousa. Auch Jazzfans kommen auf ihre Kosten: Sie werden an Miles Davis und andere alte Lieblingsplatten erinnert.
Ein gelungener Abend
Die Besucher*innen der Lesung konnten angeregt durch die professionelle Moderation von Dr. Renate Bürner, noch viele spannende Details des Buches erfahren und auch Interessantes über den Aufbau des Romans und die Vorbilder Kopetzkys hören. Höhepunkte des Abends aber waren die beiden vom Autor mit bunter Intonation vorgelesenen Abschnitte.
Leider ging die geplante Zeit viel zu schnell vorbei. Gerne hätten wir noch mehr über die beiden Romane „Propaganda“ und „Risiko“ erfahren. Am Schluss waren alle Besucher*innen begeistert und sind sicher gespannt auf das nächste Romanprojekt von Steffen Kopetzky, das in Moskau spielen wird.
Dem Autor Steffen Kopetzky und der Moderatorin Dr. Renate Bürner sei hier nochmals ganz besonders für den anregenden Abend gedankt. Die Einnahmen des Abends inclusive der Spenden werden dem „Jungen Quartier“ in Sendling zugutekommen, das jungen Geflüchteten Sprachkurse, Hilfe bei der Integration und Unterstützung beim Einstieg ins Berufsleben bietet.
Auch hier nochmals besonderen Dank an alle Besucher*innen und Spender*innen, an das Kulturhaus Milbertshofen, vor allem aber an Steffen Kopetzky, der auf sein Honorar für diesen Abend verzichtet hat.