Müll – eine schmutzige Geschichte der Menschheit

LESUNG & Gespräch mit Roman Köster 

Am Mittwoch, den 5. Juni 2024 um 19.30 Uhr, lud die Kolibri Interkulturelle Stiftung zu einer Lesung in die Seidlvilla ein. Der renommierte Historiker Roman Köster stellte sein neuestes Buch „Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit“ vor. Eröffnet wurde der Abend von Dr. Renate Bürner-Kotzam und der Moderatorin Gabriele Graswald-Vidovic.

Eine Reise durch die Abfallgeschichte

Roman Köster, der sich 2015 an der Universität der Bundeswehr München habilitierte und seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ist, nahm das Publikum mit auf eine Reise durch die Abfallgeschichte der Menschheit. Er beleuchtete, wie vormoderne Großstädte ihre Abfallprobleme lösten, welche ungewöhnlichen Materialien wie Rinderdärme beim Bau des ersten Zeppelins eine Rolle spielten und welche Herausforderungen das heutige Recycling mit sich bringt.

Köster erklärte eindrücklich, dass es keine einfachen Lösungen für das seit den 1950er Jahren enorm anwachsende Müllproblem gibt, das weltweit bis 2050 nochmals zunehmen wird. Als Historiker bot er keine Lösungen an, sondern zeigte Zusammenhänge auf zwischen der Entwicklung der Städte und den Auswirkungen des Zusammenlebens mit Tieren auf die Entstehung und Entsorgung von Müll. Er wies darauf hin, dass Aspekte wie Atommüll und digitaler Müll im Netz auf Grund ihrer Komplexität in seiner Arbeit zunächst ausgeklammert wurden, und sieht noch viele Untersuchungsgegenstände in diesem Bereich.

„Schaumkronen“ – der erste Beleg…

Besonders humorvoll und auflockernd war die Schilderung über Aldous Huxley und Thomas Mann, die in den 1930er Jahren am Strand in Los Angeles spazieren gingen und weiße „Schaumkronen“ auf dem Wasser sahen. Sie mussten feststellen, dass es sich dabei um Kondome handelte, die Benutzer in die Toiletten gespült hatten – der erste Beleg für Plastik im Meer.

Moderatorin Gabriele Graswald-Vidovic und Historiker Roman Köster
Moderatorin Gabriele Graswald-Vidovic und Historiker Roman Köster

Die Lesung brachte nicht nur spannende Einblicke in die Vergangenheit, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit aktuellen Umweltproblemen. Kösters Werk besticht durch seine gründliche Recherche und die fesselnde Erzählweise, die das Thema Abfall in einem neuen Licht erscheinen lässt. Mit Humor und Charme führte der Historiker in einem vollbesetzten Saal durch die Müllproblematiken von damals bis heute und zeigte auf, wie sich die Müllmengen zu einer ernsthaften Bedrohung entwickelt haben.

Statistiken, die aufrütteln sollen und historische Anekdoten machten den Abend zu einem besonderen Erlebnis. Das Publikum war sehr konzentriert, stellte gute Fragen und zeigte große Zufriedenheit mit dem Vortrag. Dieser wurde im Rahmen des Münchner Stiftungsfrühlings präsentiert und bot im Anschluss die Möglichkeit zum regen Austausch.

Kolibri bedankt sich herzlich bei der Seidlvilla für die Bereitstellung der Räumlichkeiten.

Text und Fotos: Olga Kriwobok

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