Benefizlesung und Vortrag für Kolibri von Prof. Dr. Marita Krauss und Erich Kasberger:
„Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen.“
Am 23. Juli 2021 konnte Kolibri dank der Unterstützung durch Dr. Diana Koch, der Leiterin des Milbertshofener Kulturhauses endlich wieder zu einer live Veranstaltung einladen. An diesem wunderbar warmen Sommerabend waren die Türen des großen Saales des Kulturhauses zum Garten weit geöffnet. Dort gab es vor Beginn freudiges Wiedersehen, denn manche der Gäste, die zu den treuen Besucher*innen unserer Kolibri Veranstaltungen gehören, hatten sich monatelang nicht gesehen.
Die Begrüßung übernahm Dr. Renate Bürner-Kotzam von Kolibri. Sie stellte u.a. ein Projekt der IG vor, das von Kolibri unterstützt wird. Meine Zukunft Facharbeiter bietet Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund und jungen Geflüchteten ausbildungsbegleitende Hilfen in KFZ- und Metallberufen an, außerdem werden die Jugendlichen mit sprachlichen Defiziten durch Sprachkurse gefördert.
Anschließend betraten Marita Krauss und ihr Mann, der Historiker und Kabarettist Erich Kasberger die Bühne. Sie starteten mit einer hinreißenden Lesung, reihten Zitat an Zitat. Auf glühende Bewunderung der Lola, folgte Verachtung und abgrundtiefer Hass auf die Tänzerin und „Mätresse des Königs“ Ludwig I..
München war nur ein Abschnitt in ihrem außergewöhnlichen Leben
Wenn man von Lola Montez spricht, denken die meisten nur an ihre Affäre mit Ludwig I.. Dabei hielt die Tänzerin sich gerade nur 1 ½ Jahre in München auf. Es gab also eine Zeit vor und nach München in ihrem Leben, betonte Marita Krauss. Dann schilderte sie in einem fulminanten Vortrag, den sie frei hielt, das außergewöhnliche Leben der Lola Montez, die als Eliza Gilbert in Irland 1821 geboren wurde. Ihr Vater, ein englischer Offizier, ließ sich nach Indien versetzen. Er starb als Eliza zwei Jahre alt war. Ihre Mutter, damals 17 Jahre alt, heiratete, um versorgt zu werden, schnell wieder.
Skandalöse Ehe mit 16
Der Stiefvater schickte die fünfjährige Eliza zurück nach England zu einer guten und harten Schulausbildung. Einer von der Mutter arrangierten Ehe mit einem sehr alten Mann entkam die 16jährige, in dem sie sich von Thomas James, einem 29 jährigen Offizier der Ostindienkompanie entführen ließ. Der Skandal war da, er heiratete Eliza und nahm sie mit nach Indien. Die Ehe war eine Katastrophe, sie floh zurück nach England, er reichte die Scheidung ein.
Eine geschiedene Frau im damaligen England „stand mit dem Rücken an der Wand“, erklärte Marita Krauss, Eliza drohte das gesellschaftliche Aus. Die intelligente, ehrgeizige, schöne Eliza aber wollte aus ihrem Leben etwas machen. Sie verwandelte sich in die Kunstfigur, eine verarmte spanische Adlige, die Tänzerin Lola Montez. In Spanien lernte sie tanzen und die Sprache. Ihre ersten Auftritte in London enttarnten sie bald als Schwindlerin. Sie reiste auf den Kontinent, trat in verschiedenen Ländern auf. Skandale, über die die Presse berichtete, waren ihr nur recht. Der Nimbus um sie steigerte ihren Ruhm.
König Ludwig I schwer verliebt
Im Oktober 1846 traf Lola in München ein und erhielt bald eine Audienz bei Ludwig I.. Der König verliebte sich über alle Maßen in sie, seine Lolita. Marita Krauss hat als erste Historikerin die Tagebücher Ludwig I. gelesen. Sie nennt die Verliebtheit des 60jährigen eine keusche Liebe. Für die öffentliche Meinung aber stand fest: Den König und die Tänzerin verband eine leidenschaftliche Liebesaffäre. Zumal Lola Montez Ludwig bis zum Äußersten ausnutzte. Sie ließ sich Schmuck und Geld schenken, bezog ein Palais in der Barer Straße und der König ernannte sie zur Gräfin Landsberg.
Den Bogen überspannt
Als Lola sich noch in die Politik einmischte, überspannte sie den Bogen und brachte ganz München gegen sich auf: Minister, die Jesuiten, einen Teil der Studenten, die gesamte Bürgerschaft. Im Februar 1848 wurde sie in die Flucht getrieben. In der Schweiz und in Frankreich führte sie ein luxuriöses Leben mit jungen Liebhabern. Eine kurze Ehe brachte ihr nicht die erhoffte finanzielle Sicherheit. Ludwig zahlte ihr noch Monate lang viel Geld und konnte sich nur schwer von ihr lösen.
Ende 1851 fuhr Lola Montez nach Amerika und tanzte bald am Broadway. Dann aber stellte sie sich finanziell auf eigene Füße. Sie gründete eine Theatertruppe und ging mit ihrem Stück Lola Montez in Bavaria auf Tournee und verdiente viel Geld. Mit ihrer Truppe fuhr sie sogar nach Australien.
Neubeginn in Amerika
Zurück in Amerika, startete sie mit 36 Jahren eine neue Karriere, wurde eine erfolgreiche, bewunderte Rednerin. Lola wandte sich vor allem an die Frauen und ermunterte sie, sich nicht auf die Männer, sondern ihre eigene Kraft zu verlassen.
Lola Montez starb 1861 im Alter von vierzig Jahren.
Das Publikum im Milbertshofener Kulturhaus hörte gebannt zu und ließ sich gerne von Marita Krauss durch das turbulente Leben der Lola Montez führen, die vor allem eines wollte, unabhängig leben.
Etliche Zuschauer*innen sagten uns, sie seien so froh, dass endlich mal wieder eine live Veranstaltung von Kolibri möglich war.
Buch von Marita Krauss: „Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen. Das Leben der Lola Montez.“ 2020, Verlag C.H.Beck, 24 Euro.
Marita Krauss lehrt als Professorin für Europäische Regionalgeschichte und Schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg.
Veranstaltungsfotos: © Ingrid Scheffler
Mit den Einnahmen solcher Kolibri Benefizveranstaltungungen werden wichtige Förderprojekte und Initiativen unterstützt.